Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kursieren erneut Gerüchte um eine schwere Erkrankung Robert Mugabes. „Darüber wird nun wieder spekuliert in Harare, einen Monat vor Mugabes 87. Geburtstag. Neue Hinweise auf eine schwere Erkrankung des Diktators wühlen die Simbabwer auf. In diplomatischen Kreisen ist die Rede davon, dass der Präsident vergangene Woche zu einer Notoperation nach Asien ausgeflogen wurde …
… Jedes Jahr im Januar verbringt der alte Mann dort einige Ferientage, seine Frau Grace liebt es, in asiatischen Luxus-Malls einzukaufen. Angeblich war Mugabe schon vor zwei Wochen aus einem dieser Urlaube zurückgekommen. Doch dann, zwei Tage später, sollen ihn neue medizinische Befunde gezwungen haben, gleich wieder nach Kuala Lumpur in Malaysia zurückzufliegen, wo die Chirurgen auf ihn warteten.
George Charamba, der Sprecher Mugabes, bezeichnet diese Version der Dinge als eine Lüge westlicher Medien. Alle Jahre wieder würden sie eine neue Geschichte vom angeblich kranken Präsidenten erfinden. Ob der fast 87-Jährige jetzt tatsächlich operiert wurde, ist noch immer ungeklärt. Schon vor zehn Jahren soll bei ihm Prostata-Krebs diagnostiziert worden sein, außerdem leide er an einer Leber-Insuffizienz, heißt es.
Dass der Präsident in den vergangenen Monaten immer schwächer wirkte, war nicht zu verbergen. Kabinettsmitglieder erzählten, dass er in Sitzungen öfters nicht mehr bei der Sache sei, er nickt schon mal ein. Wo Mugabe öffentlich auftritt, helfen seine Leibärzte offenbar mit Spritzen nach, damit er im rechten Moment wieder einen frischen Eindruck macht. So ähnlich war es auch bei Leonid Breschnew, dem greisen Herrscher über das Sowjet-Reich, der immer wieder aufgeputscht wurde, um so lange wie möglich gesund zu erscheinen. Mugabe umgibt in seiner Heimat noch immer der Mythos des Unbezwingbaren, die Simbabwer leiden schon zu lange unter ihrem Machthaber, als dass sie es wagen würden, ihre Rechnung bereits ohne ihn zu machen. Seit 1980 beherrscht der frühere Freiheitskämpfer das südafrikanische Land, einst verbanden sich mit ihm große Hoffnungen, Simbabwe galt als Musterstaat. Doch als Mugabe erkannte, dass seine Macht durch die aufkommende Opposition unter dem Gewerkschafter Morgan Tsvangirai in Gefahr geriet, steuerte er einen brachialen Kurs der Unterdrückung. Dazu gehörte auch die Massenvertreibung der weißen Farmer, die das Rückgrat der simbabwischen Wirtschaft bildeten.
Mit oder ohne ihren greisen Präsidenten – den Menschen steht 2011 wieder ein sehr unsicheres Jahr bevor. Noch immer ist unklar, wann die Simbabwer zur nächsten Wahl gerufen werden. Viele fürchten, dass dann der Terror wieder beginnt, so wie 2008, als das Regime seine Schlägertrupps auf die Anhänger der damaligen Oppositionspartei MDC von Morgan Tsvangirai losließ.
Mugabes Kräften gelang es zwar nicht, Tsvangirais Partei ganz auszuschalten, unter internationalem Druck musste sich der Präsident schließlich in eine ‚Regierung der nationalen Einheit‘ fügen – ein Name, der die Lage erheblich beschönigt. Tatsächlich sind in dieser Koalition zwei Erzrivalen zusammengezwungen – Mugabe als Präsident und Tsvangirai als Premier. Die Minister beider Lager belauern sich, gegenseitige Blockaden bestimmen die Szenerie. Ökonomisch hat die Koalition dem Lande zwar wieder ein wenig Stabilität zurückgebracht, dank der geschickten Politik des MDC-Finanzministers Tendai Biti.
Doch diese Fortschritte sind schnell zunichte gemacht, wenn die Mugabe-Partei Zanu-PF wieder massive Gewalt gegen Anhänger der MDC mobilisiert. Tatsächlich haben die Verfolgungen nie aufgehört, als Waffe im Wahlkampf sind sie besonders gefürchtet. Um diese Gefahren auszuschalten oder zumindest zu reduzieren, müssen noch viele Reformen verabschiedet werden, die die Zanu-PF verweigert. Vermittler Jacob Zuma, der Präsident Südafrikas, soll den Weg für freie Wahlen bahnen, dazu gehört eine Reform der Verfassung, neue Wählerlisten, Regeln und Gesetze. Doch Mugabe und einige Hardliner drängen auf schnelle Wahlen, noch in diesem Jahr. Ungewiss ist, ob sie sich mit dieser Position in der eigenen Partei durchsetzen – und ob Zuma das tatsächlich zuließe. Manche halten deshalb einen späteren Termin, 2012 oder 2013, für wahrscheinlicher.
Seit längerem schon konkurrieren drei Fraktionen innerhalb der Zanu-PF um Mugabes Erbe. Sollten sich die Nachrichten über seinen schlechten Gesundheitszustand erhärten, werden sich die inneren Machtkämpfe verschärfen. Gleichzeitig verdichten sich Hinweise, dass die Generäle alles versuchen werden, um eine Präsidentschaft von Tsvangirai weiterhin zu verhindern. Ein Recherche-Team der Nachrichtenagentur ZimOnline hat Pläne aufgedeckt, wonach die wichtigsten Führer der Sicherheitsorgane, die in einer Art Junta – dem Joint Military Operations Command – zusammen geschlossen sind, den Aufbau einer gewaltigen Jugendmiliz planen. Schon 2008 musste sich Tsvangirai aus der Stichwahl zurückziehen, weil seine Anhänger von Schlägertrupps und Geheimdienst-Kommandos Mugabes terrorisiert wurden.
Gegenwärtig stünden schon 80 000 Jugendliche für Miliz-Einsätze bei Wahlen bereit, heißt es in dem Bericht. Insgesamt sollten 300000 Jung-Milizionäre pro Jahr trainiert werden. In den 59 Distrikten würden dann hochrangige Offiziere und Geheimdienstler die Einsätze koordinieren, um Mugabes Lager an der Macht zu halten. Die Methoden der Einschüchterung sind aus früheren Wahlen wohl bekannt: Prügel, Folter, Mord und Entführungen sorgten dafür, dass die Opposition keine echte Chance bekam. Allein 2008 kamen so Hunderte Menschen ums Leben.
Falls Präsident Mugabe auf 2011 als Wahljahr bestehe und Reformen ausbleiben, könnte es erneut zu einem Blutbad kommen, warnt Tendai Biti, Finanzminister der Einheitsregierung und Stratege der MDC. Die Gewalt nehme wieder zu, Hassreden würden gehalten, um die Stimmung zu vergiften.“
Den Artikel bei der Süddeutschen Zeitung gibt es unter folgendem Link: SZ